Verdrängt der Onlinehandel den stationären Handel?

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Ich wurde heute im E-Commerce Manager Kurs gefragt: Sag mal, Nadine, glaubst du, dass der Onlinehandel den stationären Handel irgendwann vollkommen verdrängen wird.

Über die Antwort muss ich nicht lange nachdenken: Nein.

Die Gründe, warum ich diese Frage so klar mit „Nein“ beantworte, sind vielschichtig.

Marktanteile online und offline Einzelhandel

Schauen wir zunächst das Verhältnis online vs. Offline an, wenn es um das Marktvolumen geht. Insbesondere das Marktvolumen des Einzelhandels. Dieses betrugt laut HDE Online Monitor 2023 für 2022 immerhin 632 Milliarden Euro. Davon entfielen gerade mal 13,4 % auf den Onlinehandel. Oder anders: 86,6 % aller Einzelhandelsumsätze werden stationär gemacht!

Natürlich haben wir bis zur Pandemie jährliche Wachstumsraten von 10 – 14 % im Onlinehandel gehabt – Wachstum, das zu Lasten des stationären Handels ging, da es sich um Umsatzverschiebungen handelte und nicht unbedingt um mehr Umsatz. Aber – und dieses Aber ist groß: Vor der Pandemie prognostizierten Experten die Stagnation des Wachstums im E-Commerce. Ein gewisser Grad an Marktsättigung schien, zumindest im B2C, erreicht. Das zeigte sich auch in den Zahlen im 1. Quartal 2020 – wo nur noch ein mageres Wachstum von unter 2 % zu verzeichnen war.

Klar – die Pandemie hat dann nochmal einiges auf den Kopf gestellt, Menschen zu Onlinekäufern gemacht, die es vorher vielleicht nicht wahren, doch alles in allem sehen wir 2023 und 2024 wieder schrumpfendes Wachstum, bzw. in manchen Bereichen sogar Umsatzrückgänge.

Kurz um: Aktuell erscheint es so, als wäre online nicht mehr allzu viel zu bewegen.

Online Pure Player werden zu Multi Channel Unternehmen

Vor allen Dingen aber zeigt sich an verschiedenen so genannten Online Pure Player, Unternehmen also, die ihre Sortimente ausschließlich online vertreiben, dass der stationäre Handel nicht so tot ist, wie man uns manchmal glauben machen will. Denn immer wieder gehen Händler nicht nur den von von offline zu online, sondern eben auch andersrum. Immer wieder eröffnen ursprünglich reine Onlinehändler auch stationäre Geschäfte, Showrooms oder Outlets. Warum sollten sie das tun, wenn doch alles Heil der Handelswelt online liegt? Die Antwort ist einfach: Weil es das nicht tut.

Was aber die ehemaligen Online Pure Player dem stationären Handel voraus haben, sind Marketing, Markenaufbau und vor allen Dingen die bedingungslose Kundenzentrierung. Man geht da hin, wo die Kunden sind. Man bietet das Ambiente, das die Kunden erwartet. Man bietet ein Service Level, das man eben online geboten hat, um sich von Wettbewerbern abzusetzen. Ehemalige Online Pure Player machen also stationären Handel – aber anders und besser.

Genau das muss aber die Essenz sein:

Der Onlinehandel wird den stationären Handel verdrängen, der nichts besser macht als der Onlinehandel. Er wird den verdrängen, der nur auf Hit & Run – Geschäfte setzt, auf Preiskampf und die Hoffnung, die eigenen Bestandkunden bleiben nur lang genug, dass das dicke Ende nicht einen selbst trifft. Er wird die stationären Händler verdrängen, die mit langweiliger Schaufensterdeko und unmotivierten und unterbezahlten Verkäufern versuchen 08/15-Produkte in muffigen, alten Ladenlokalen zu verkaufen. Der Onlinehandel wird aber nicht den stationären Handel verdrängen, der kundenzentriert, schnell verfügbare Produkte zu vernünftigen Preisen und guter Beratung in Ladenlokalen verkauft, die ein angenehmes Shoppingerlebnis bieten und – und das ist wichtig – sich der Onlinewelt nicht verschließen. Ein stationärer Händler muss nicht online verkaufen, um sich in Zukunft am Markt halten zu können. Er muss aber ganz bestimmt online präsent sein. Denn seine Kunden sind es auch.

Ganz ähnlich habe ich es letztens schon vor dem Hintergrund der Generation Z und deren Wunsch nach schnell verfügbarer Ware analysiert. Lies mal rein.

 

Nadine Huss

Nadine ist die Autorin des Buchs "E-Commerce-Manager*in", Dozentin und Beraterin.

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