Künstliche Kundenmeinungen gefährden Marken. Das hat sich nicht überall herumgesprochen. Umso wichtiger, das Phänomen oder eben die Marketing-Technik des Astroturfing genauer zu betrachten.
Aber zunächst von Anfang an: Astroturfing? Ja. Astro Turf, früher ChemGrass, ist der Markenname eines US-amerikanischen Herstellers von Kunstrasen. Pflegeleicht, strapzierfähig und einfach. Aber eben nur ein Rasen-Wannabe. Nichts echtes, kein sanftes Wiegen der Grashalme im Wind. Nichts dergleichen. Und genau hier ist der Ansatz: Echte, wahre Interaktion steht dem Kunstprodukt entgegen. Astroturfing bezeichnet also genau das: Künstlich erzeugte Zustimmung oder Kundenmeinung als authentisch ausgegeben wird. Ob im Marketing oder der Politik. Es geht darum, künstlich ein positives Bild in der Öffentlichkeit zu erzeugen, gleichzeitig aber den Anschein von Authentizität zu erwecken. Im E-Commerce und Online-Marketing bedeutet das häufig, dass Unternehmen Bewertungen, Kommentare, Erfahrungsberichte inszenieren oder sogar „Bewegungen“ etablieren, die aussehen sollen wie echte Kundenäußerungen. Es aber eben nicht sind.
Im Online-Marketing dreht sich eben vieles um Sichtbarkeit, Vertrauen und die „soziale Bewährtheit (Social Proof). Wer ihn nicht hat, faked ihn, bis zum Erfolg. Oder Shitstorm.
AstroTurfing im Marketing ist also der Versuch, Vertrauen zu erschleichen. Es wird gezielt eine falsche Realität erschaffen, in der Produkte oder Services beliebter erscheinen, als sie es tatsächlich sind.
Typische Formen von AstroTurfing
- Gefälschte Produktbewertungen auf Marktplätzen (z. B. Amazon oder eBay)
- Scheinbar unabhängige Erfahrungsberichte in Blogs oder Vergleichsportalen
- Inszenierte Kommentare in sozialen Netzwerken
- Verdeckte Influencer-Posts, bei denen Kooperationen nicht gekennzeichnet sind
- „Kundenmeinungen“ in Foren, die in Wirklichkeit aus Marketingabteilungen stammen
Mittlerweilge gibt es sogar spezialisierte Agenturen, die mit Fake-Accounts und automatisierten Kommentaren ganze Threads und Bewertungsportale manipulieren. Das Ziel ist denkbar einfach: Es soll den Eindruck einer überzeugten und zufriedenen Community erzeugen, selbst da, wo keine ist.
Warum AstroTurfing problematisch ist
Rechtliche Konsequenzen
Astroturfing kann als unlautere Werbung gelten und gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) verstoßen. In Deutschland drohen rechtliche Schritte, Abmahnungen und Bußgelder. Vor allen Dingen dort, wo Werbemaßnahmen nicht als solche gekennzeichnet sind, Bewertungen gefaked werden und somit Täuschung von Verbrauchern angenommen werden kann.
Vertrauensverlust bei Kunden
Verbraucher sind allerdings auch zunehmend sensibilisiert für Fake-Bewertungen und gekaufte Empfehlungen. Wird Astroturfing als solches erkannt, kann das den Ruf einer Marke massiv schädigen. Das mühsam aufgebaute Vertrauen schwindet oft unwiederbringlich. Denn gerade in sozialen Netzwerken, die eine immense Reichweite bringen können, muss die Reichweite nicht zwingend positiv sein, aber ein Shitstorm gegen einen „Fake“ verbreitet sich schnell.
Gefährdung der langfristigen Markenreputation
Ehrliches Kundenfeedback ist ein zentraler Baustein nachhaltiger Markenentwicklung. AstroTurfing untergräbt diesen Prozess und erzeugt nicht nur eine verzerrte Selbstwahrnehmung im Unternehmen, dadurch, dass sie den Blick auf echtes Feedback verschleiert, oft wird hier am Ende auch an der eigentlichen Zielgruppe vorbei gearbeitet.
Gefälschte Daten = schlechte Entscheidungen
Das wiederum führt zu schlechten Entscheidungen in den Unternehmensprozesse. Was ist echt, was ist fake, was sind vielleicht Kundenmeinungen, die den Fakemeinungen ähneln, aber einfach nur viel zu stark von ihnen beeinflusst wurden?
Marketing- und Produktentscheidungen basieren auf Erfolg, aber eben auch auf Feedback. Wenn dieses Feedback manipuliert wurde, sind auch die daraus abgeleiteten Strategien fehlerhaft. Das wiederum kann teuer werden und ein Unternehmen in völlig falsche Richtungen lenken.
Warum greifen Unternehmen dennoch zu AstroTurfing?
Die Versuchung ist groß: Im E-Commerce entscheidet der erste Eindruck. Der wiederum entsteht oft durch Sternebewertungen, Rezensionen und Erfahrungsberichte. Wer hier besser dasteht als der Wettbewerb, punktet bei Kaufentscheidungen.
Der hier erzeugt Druck lässt den einfachen, den künstlichen Weg verlockend erscheinen.
Astroturfing scheint auf den ersten Blick ein „schneller Weg zum Erfolg“ zu sein – doch tatsächlich handelt es sich lediglich um eine Kurzfriststrategie mit hohem Risiko und niedriger Nachhaltigkeit.
Echte Alternativen: So funktioniert glaubwürdiges Marketing ohne Kunstrasen
Wer langfristig im digitalen Wettbewerb bestehen will, braucht keine synthetische Begeisterung – sondern echte Kundenbindung und transparentes Online-Reputationsmanagement. Hier sind Strategien, die funktionieren:
Aktives Bewertungsmanagement
Fordere aktiv, aber dezent Kundenbewertungen ein. Zum Beispiel per E-Mail nach dem Kauf oder über Treueprogramme. Automatisierte Review-Anfragen (etwa via Trusted Shops oder Google) sind effizient und rechtssicher.
User Generated Content (UGC) gezielt einsetzen
Echte Kundenfotos, Erfahrungsberichte oder Unboxings auf Social Media schaffen Glaubwürdigkeit. UGC kann im Onlineshop, auf Landingpages oder in Social Ads hervorragend performen.
Transparente Influencer-Kooperationen
Influencer-Marketing funktioniert, wenn ehrlich kommuniziert wird. Klare Kennzeichnung von Werbung stärkt die Glaubwürdigkeit, statt sie zu mindern.
Reputation strategisch aufbauen
Monitoring-Tools helfen dabei, echte Kundenmeinungen zu sammeln, zu analysieren und darauf zu reagieren. Reagierst du professionell auf Kritik, punktest du bei allen stillen Mitlesern.
Storytelling mit Substanz
Statt Meinungen zu faken, erzähle echte Geschichten: über dein Unternehmen, deine Kunden, deine Werte. Authentisches Storytelling wirkt emotional und nachhaltig, auch ohne Manipulation.
Fazit zum AstroTurfing
AstroTurfing im Marketing mag kurzfristig wie eine clevere Strategie erscheinen. Doch langfristig gefährdet es Vertrauen, Marke und unternehmerische Glaubwürdigkeit. In einer Zeit, in der Authentizität zur wichtigsten Währung im Onlinehandel wird, braucht es keine künstlichen Rezensionen, sondern echte Beziehungen zu echten Kunden.
Denn Vertrauen wächst organisch – genau wie echter Rasen. Und der ist am Ende doch immer schöner als Kunstrasen. Oder?
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