Shopify: Verzockt in der Pandemie

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Der E-Commerce ist - zumindest in Teilen - großer Pandemiegewinner gewesen. Nicht weiter verwunderlich also, wenn auch die Hersteller von Shopsystemen darauf gesetzt haben, zu den Profiteuren zu gehören.

So oder ähnlich muss auch Tobias Lütke gedacht haben, der Gründer und CEO des Shopsystems Shopify. Spricht er doch sogar im Erklärungsversuch für die Entlassung von rund 10 % seiner Belegschaft von einer "Wette". Einer Wette darauf, dass der Pandemieeffekt nachhaltig wäre.

Spannender Weise ist er das in vielen Bereichen. Die Menschen kaufen auch ohne Lockdowns gerne online. Das Wachstum im Onlinehandel stagniert nicht mehr, wie im 1. Quartal 2020, aber es schwächt sich wieder ab. So eben auch bei Shopify. Wachstum ist da, aber nicht wie erhofft.

Die Rechnung, die Shopify hier gemacht hat - und sicher nicht nur dieses Unternehmen - hat nur sehr wesentliche Akteure außer Acht gelassen: Die stationären Händler*innen. Die sind nämlich diejenigen, die nach wie vor "kauf lokal" rufen und dabei außer Acht lassen, dass sie auch online immer noch lokal verkaufen können - aber eben nicht nur. Häufig sind diese stationären Unternehmen noch immer getrieben von einer tiefsitzenden Ablehnung gegenüber dem Onlinehandel. Sie wollen einfach nicht. Online ist die dunkle Seite der Macht.

Die Ketten haben den Trend zu mehr online längst erkannt und bedienen ihn auch. Die Großen bieten ihren Kund*innen online und offline Kaufmöglichkeiten. Diese Unternehmen sind aber eben nicht wirklich potentielle Einsatzgebiete für ein System wie Shopify. Zwar mag es fast beliebig skalierbar sein, aber diese Unternehmen setzen dann eben doch auf andere Lösungen. Shopify zielt, lässt man den Großkundenzweig Shopify Plus mal außen vor, eben doch auch kleine bis mittelgroße Unternehmen. Und gerade die sind in Sachen Digitalisierung oft so flexibel ein Betonklotz. Sie wollen einfach nicht. Wollten vor der Pandemie nicht, wollten in der Pandemie nicht und haben nur notgedrungen bei "Neuland" wie Click & Collect mitgezogen und wollen auch jetzt nicht.

Klar - nicht alle. Es gibt die Online Pure Player, für die Shopify ein Segen ist. Es gibt die modernen Handelsunternehmen und Persönlichkeiten, die erkannt haben, dass "früher ging es auch ohne" eben nicht zukunftsfähig ist. Aber von denen allein kann man ganz offensichtlich nicht all diejenigen bezahlen, die man für die Abarbeitung des Corona-Peaks benötigt hatte. Händler, die über wenig Kundentreue klagen, sollten sich an dieser Stelle mal fragen, wie treu sie selbst sind - auch denen gegenüber, die tatsächlich viel möglich gemacht haben, um zu helfen.

Leider, so ist mein persönliches Fazit aus vielen Vorträgen, Gesprächen und Beratungen im Handel, auch dem stationären, hätte man es wohl kommen sehen müssen. Es ging doch schließlich auch bisher ohne...

Nadine Huss

Nadine ist die Autorin des Buchs "E-Commerce-Manager*in", Dozentin und Beraterin.

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